Dienstag, 20. Dezember 2016

Oh du Fröhliche...

Sonntag
Noch sechs Tage bis Weihnachten. Die Herren haben eine Petition ans bayerische Familienministerium geschickt – sie wollen mich meines Amtes entheben, weil ich weder Plätzchen gebacken, noch Weihnachtsstimmung verbreitet habe. Baue auf die Überlastung von Frau Müller und habe meinerseits einen Hilferuf ans Christkind gesandt – ein bisschen Unterstützung wird man ja wohl verlangen dürfen! Im Keller endlich fündig geworden... gut, nicht die Kartons mit der Weihnachtsdeko, aber Ostereier sehen doch auch recht hübsch aus, am Christbaum... im Kerzenlicht...

Montag
Noch fünf Tage bis Weihnachten. Bin in der Küche auf kleine rundliche Frau mit Teigroller in der Hand gestoßen. Von den Herren die Info bekommen, dass die Familienministerin prompt reagiert, und eine Weihnachtsersatzmutter geschickt hat. Nach Weihnachten kann diese dann in jeder Gemeindeverwaltung zurückgegeben werden. Versucht, wieder Boden gut zu machen, indem ich den Kauf eines Weihnachtsbaumes in Angriff genommen habe... wer kann denn ahnen, dass ganz Bayern dieselbe Idee hatte?! Nach hartem Kampf kümmerliches Bäumchen ergattert. Der Nadelberg macht zumindest im Kofferraum meines Wagens ordentlich was her... Die Weihnachtsersatzmutter hat in der Zwischenzeit 37 Christstollen gebacken und damit das Wohnzimmer dekoriert. Keine Nachricht vom Christkind...



Dienstag
Noch vier Tage bis Weihnachten. Mit der entsetzlichen Erkenntnis aufgewacht, dass zu einem ordentlichen Heiligabend Geschenke gehören – kein Stück davon bis jetzt erworben... Mein Vorschlag gegenüber den Herren, sich dieses Jahr mal nichts zu schenken - als neue und spannende Erfahrung, quasi - wurde rüde mit glatter Mehrheit abgeschmettert. Daraufhin vorsichtigen Blick aufs Konto geworfen, was zu massiver Kreislaufschwäche geführt hat – unglaublich, was so ein Weihnachtsfest heutzutage kostet... Beim Betreten der Küche von Weihnachtsersatzmutter mit steinharten Pfeffernüssen beschossen worden – das Modell scheint etwas außer Kontrolle geraten zu sein. Immer noch keine Nachricht vom Christkind – ist das zu fassen...?!



Mittwoch
Noch drei Tage bis Weihnachten. Beim Versuch, in der Innenstadt irgendwelche Weihnachtsgeschenke zu erwerben, gerade noch mit dem Leben davongekommen. In der Drehtür eines Haushaltswarengeschäftes mit einem rotierenden Bratentopf kollidiert. Gusseisern. Hübsch, die Sternchen vor den Augen... sehr weihnachtlich... können allerdings in Verbindung mit offenbar gesundheitlich bedecklichen Glühweindämpfen auch ohne Genuss desselben zu leichtem bis mittelschweren Delirium führen. Zuhause bei Besichtigung der Beute festgestellt, dass eine der Einkaufstüten wohl vertauscht worden ist – statt pädagogisch wertvoller Literatur für die Herren bin ich nun im Besitz von einem guten Dutzend wollener Herrenunterhosen, Größe XL. Mit Eingriff.

Donnerstag
Noch zwei Tage bis Weihnachten. Die Weihnachtsersatzmutter hat sich in der Küche verbarrikadiert und bombadiert jeden mit Lebkuchen, der es wagt, den sorgfältig aufgeschichteten Früchtebrotwall zu besteigen. Diese Maßnahme vom Familienministerium war wohl noch nicht ganz ausgereift... zumindest ist nun genügend Gebäck vorhanden. Vor der Haustür das Christkind im manischen Zickzacklauf entdeckt – eindeutig Burnout-Syndrom. Psychiatrischen Notdienst gerufen - Christkind wurde in Klinik abtransportiert. Den Nachbarn mit den wollenen Unterhosen beschenkt. Stieß jedoch nicht auf ungeteilte Zustimmung – die Größe des Eingriffs war wohl das Problem... Auf der Suche nach Schutz vor dem Beschuss aus der Küche endlich die Kisten mit dem Weihnachtsschmuck entdeckt. Halleluja – jetzt kann nichts mehr schiefgehen!

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Apfel, Nuß und Pudels Kern


Samstag
Der Plätzchen-Countdown läuft - dieses Jahr werde ich es endlich schaffen, meine Nachbarin beim Plätzchenbacken zu überholen. Habe dazu schon vor Wochen heimlich eine gut versteckte Kamera vor dem Küchenfenster der Dame installiert, so dass mir keinerlei feindliche Backbewegungen im nachbarlichen Hause entgehen. Bis jetzt alles ruhig - laut Aufzeichnung der Mini Cam wurden noch nicht einmal Backzutaten käuflich erworben. Werde zur Sicherheit sämtlich Mehl- und Zuckervorräte im Umkreis von 10 Kilometern aufkaufen, um meinen Vorsprung zu halten. 



Sonntag
Verdammt - ein Kleinlaster vor dem Hause der Nachbarn versperrt mir die Sicht auf den Ort des Geschehens. Anscheinend hat sich die Nachbarin ihre Backzutaten im Internet besorgt - geschickter Schachzug, den ich bei meiner Planung leider nicht bedacht hatte. Ärgerlich... dabei habe ich mich genau an die Regeln aus dem Handbuch für die Kunst des Krieges gehalten...  hätte mir ja auch mal jemand sagen können, dass es bei den Chinesen im 18. Jahrhundert noch kein Internet gab.

Montag
Beim Auswechseln der Kamera vom Baum gefallen. Durch den Krankenhaus-Aufenthalt ging wertvolle Backzeit verloren, die nun dringend aufgeholt werden muss. Wenn ich das leider etwas unscharfe Bild durch mein Fernglas richtig interpretiere, ist die Nachbarin immer noch bei der Zubereitung des Stollen- und Lebkuchen-Gebäcks. Spontan beschlossen, meinen Zeitplan abzuändern - werde mit den Butterplätzchen starten. Eine radikale, aber unumgängliche Maßnahme. 



Dienstag
Die Zeit wird knapp - habe im Nachbarhaus einen als Schokoladen-Nikolaus getarnten Spion eingeschleust, der mir stündlich über die Backfortschritte in der feindlichen Küche Bericht erstattet. Wie ich seinen - allerdings durch das Rascheln des Stanniol-Papiers etwas verzerrten - Äußerungen entnehme, befindet sich die Nachbarin gerade beim Verzieren des Spitzgebäcks. Werde knallhart mit Vanillekipferln kontern - wäre doch gelacht, wenn ich diesmal nicht den Sieg davon tragen würde! 

Mittwoch
Die Schlacht ist vorbei. Nach tagelangen Kampfhandlungen mit schweren Verlusten auf beiden Seiten - der Kater der Nachbarn erlitt einen Zuckergussschock und liegt seitdem im Plätzchen-Koma, und hier sind dem feindlichen Beschuss mit scharfen Kokosmakronen ein Adventskalender, sowie zwei Rauschgoldengel zum Opfer gefallen - wurde ein Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien geschlossen. Allerdings erst nach Einschreiten der NATO und einer bewegenden Ansprache von Bundespräsident Gauck. Es wurde vereinbart, die Waffen bis nach den Feiertagen ruhen zu lassen, um es den jeweiligen Streitkräften zu ermöglichen, genügend Munition für den danach unmittelbar bevorstehenden Ostergebäck-Wettkampf zu beschaffen.

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Hochleben leicht gemacht

Unfassbar, was manche Menschen für einen Aufwand treiben, nur weil sie Geburtstag haben... direkt absurd... wobei die Tatsache, dass vor genau 35 Jahren... nun gut – 41... oder... äh... also, dass zu diesem Zeitpunkt eine reizende Blondine das Licht der Welt erblickt hat, durchaus Grund zum Feiern ist... doch bitte alles in einem vernünftigen Rahmen... maximal 100 Gäste... dazu ein wenig Livemusik... (...falls Michael Bublé nicht verfügbar sein sollte, tut es auch eine einfache Big Band...)... und beim Catering darf’s ruhig ebenfalls etwas Schlichtes sein – ein Sechs-Gänge-Menü reicht vollauf... ganz bescheiden eben... dem Anlass angemessen... höchstwahrscheinlich wird allerdings der Bürgermeister es sich nicht nehmen lassen, mir als prominentestes Mitglied der Gemeinde seine Aufwartung zu machen... sollte vielleicht vorsichtshalber eine kleine Dankesrede einüben...



Wirklich beeindruckend übrigens, wie diskret die Vorbereitungen für meine Überraschungsparty ablaufen – man könnte fast meinen, dass überhaupt nichts in Planung ist... aber so leicht lässt sich eine mit kriminalistischem Spürsinn gesegnete Jubilarin nicht täuschen – ich habe natürlich längst durchschaut, dass es sich bei dieser fast schon demonstrativ zur Schau getragenen Gleichgültigkeit meinem anstehenden Festtag gegenüber um ein reines Ablenkungsmanöver handelt... die Frage ist nur, was ich zu der Feier anziehen soll – eher klassisch im Abendkleid, oder doch lieber traditionell im Dirndl...?! Dazu müsste man unbedingt Genaueres über die Gestaltung der Festlichkeiten wissen... bei meinen diesbezüglichen vorsichtigen und äußerst diskreten Nachforschungen bin ich allerdings auf völliges Unverständnis gestoßen... sehr gut gespielt, muss ich sagen... Respekt... werde einfach zur Sicherheit mehrere Outfits in die engere Auswahl nehmen, die sich dann bei Bedarf relativ rasch überstreifen lassen...



Der große Tag ist da – endlich! Habe zwar eigentlich erwartet, von Fanfarenstößen der örtlichen Blaskapelle geweckt zu werden, aber es ist ja auch noch früh am Tage... außerdem sind angesichts der staatstragenden Feierlichkeiten noch etliche zwingend notwendige Verschönerungsarbeiten an meinem Äußeren durchzuführen... man will sich schließlich von seiner besten Seite zeigen in der Öffentlichkeit... nach einem erfrischenden mehrstündigen Aufenthalt im Spa und Wellnessbereich des Hauses... nun gut – dem Bad... bin ich soweit, die Glückwünsche und Huldigungen meiner zahlreichen Gratulanten entgegenzunehmen... dabei fällt mir ein – ob daran gedacht wurde, im Eingang genügend Platz für die Unmengen an Geschenken zu schaffen?! Werde das gleich mal überprüfen müssen...

Merkwürdig... immer noch keine Menschenseele in Sicht... offenbar werden meine Geburtstagsgäste durch ein unerwartetes Ereignis aufgehalten... möglicherweise eine Naturkatastrophe... ich meine, gestern etwas von einem heranziehenden Hurrikan in den Nachrichten... wie, es ist gar keine Überraschungsparty geplant...?!


Sag ich doch – es geht nichts über eine gemütliche Geburtstagsfeier im engsten Familienkreise...